Opfer von rechtem Terror wird zum Schweigen gebracht Richterin relativiert und verstärkt das Leid der Betroffenen eines Nazi-Anschlags und blockiert die Nebenklage der Betroffenen

Im August beginnt der Prozess gegen die beiden Hauptverdächtigen der rechten Anschlagsserie in Berlin Neukölln, Thilo P. und Sebastian T.. Die verantwortliche Richterin hat nun mit einer fragwürdigen Begründung die Nebenklage Ferat Koçaks, MdA (LINKE) - eines der Opfer der Brandanschläge - abgelehnt.

Im August beginnt der Prozess gegen die beiden Hauptverdächtigen der rechten Anschlagsserie in Berlin Neukölln, Thilo P. und Sebastian T.. Die verantwortliche Richterin hat nun mit einer fragwürdigen Begründung die Nebenklage Ferat Koçaks, MdA (LINKE) - eines der Opfer der Brandanschläge - abgelehnt.

Ferat Koçak ist von der richterlichen Entscheidung schockiert:
„Es wird bei diesem Prozess auch um den Anschlag am 31. Januar 2018 auf meine Familie und mich gehen, den wir nur knapp überlebt haben. Die psychischen und physischen Folgen der Tat sind für mich bis heute allgegenwärtig. Angstzustände, schlaflose Nächte, verlorenes Vertrauen in Menschen: Ein andauernder Alarmzustand für die Psyche. Ich musste in der Zeit nach dem Anschlag zwei mal meinen Job wechseln, weil ich nicht mehr leistungsfähig war. Meine Mutter erlitt auf den Anschlag folgend einen Herzinfarkt. Erst kürzlich habe ich wieder die Unterstützung psychologischer Beratungsstellen in Anspruch genommen, weil die Angstzustände und die Schlafstörungen zunahmen und mich die Bilder des Feuers wieder zunehmend verfolgen."

Die Richterin erklärt derweil zur Ablehnung der Nebenklage „... die weiter vorgetragenen Folgen der Tat für den Zeugen Koçak begründen keine körperliche oder seelischen Schäden ...". Koçak wird damit faktisch zum dritten mal Opfer dieser Tat: Erst der rechte Anschlag selbst, dann der Skandal, dass die Polizei wusste, dass Koçak von den Verdächtigen ausgespäht wird und ihn dennoch nicht gewarnt hatte und jetzt die Ablehnung der Nebenklage und die Relativierung seiner „Schäden" durch die Richterin.

Koçak beklagt, dass Opfer rechter Gewalt von Sicherheitsbehörden häufig nicht ernstgenommen werden:
„Das Muster wiederholt sich: In vielen Ermittlungs- und Gerichtsverfahren fühlen sich vor allem Opfer rechter Gewalt mit Migrationsgeschichte nicht ernst genommen. Täter-Opfer-Umkehr, Relativierungen der psychischen und gesellschaftlichen Folgen, fehlende Anerkennung rechter Motive und teilweise skandalöse Urteile sind die Regel und nicht die Ausnahme. Die Ablehnung meiner Nebenklage reiht sich hier nahtlos ein. Symptomatisch dafür ist auch, dass die Richterin in der Begründung dieser Ablehnung offensichtlich nicht einmal in der Lage war, meinen Namen richtig zu schreiben (Ferhad statt Ferat). Ironischerweise war das auch eine der zahlreichen Ausreden der Polizei, warum ich nicht vor dem drohenden Anschlag gewarnt wurde."

Nicht zuletzt ist fragwürdig, warum die Richterin eine zwölfseitige Begründung der Nebenklage in wenigen Sätzen ablehnt und dabei noch fehlerhaft argumentiert und etwa eine zu niedrige Anzahl an psychologischen Beratungsterminen nennt, die Koçak in Anspruch genommen haben soll.

Koçak sieht ein strukturelles behördliches Problem im Umgang mit rechter Gewalt:
„Wenn Richter*innen Opfer von Nazi-Terror so behandeln, dann wird wieder einmal offensichtlich, dass Deutschland nicht nur ein Problem mit Nazis selbst, sondern auch ein systematisches Problem in Justiz und Sicherheitsbehörden beim Umgang mit rechtem Terror und den Opfern hat."